Historische Kriminalromane erfreuen sich einiger Beliebtheit.
Für die Fans der Bücher von Volker Kutscher oder Alex Beer gibt es nun eine lohnende Alternative.
Leipzig 1920: Inspektor Paul Stainer kehrt traumatisiert aus der Kriegsgefangenschaft zurück. Alpträume und partieller Gedächtnisverlust plagen ihn – und dann muss er auch noch die Trennung von seiner Frau verarbeiten. Immerhin kehrt er umgehend in den Polizeidienst zurück – und wird sogar befördert. Stainer bekommt es mit einer rätselhaften Mordserie zu tun und stößt auf Gegner, die in ihn nur einen roten Judas sehen…
Der Auftakt der neuen Krimiserie von Thomas Ziebula besticht durch Spannung und Atmosphäre. Die historische Situation wird historisch genau geschildert: Wirtschaftskrise und politische Unruhen bedrücken auch die Leipziger, in fast jeder Familie sind Gefallene oder Verwundete zu beklagen. Die Zukunftsaussichten erscheinen ungewiss: Noch wird in Versailles verhandelt, Reparationen und Gebietsverluste sind zu erwarten. Ewiggestrige hadern mit der Niederlage und planen schon die Gegenrevolution von rechts. Mit einigen dieser Zeitgenossen bekommt es auch Stainer zu tun, und fatalerweise bekleiden einige von ihnen hohe Posten in der Leipziger Polizei…
Auch im zweiten Fall „Abels Auferstehung“ spielt der Erste Weltkrieg eine entscheidende Rolle: In Basel wird die Leiche eines deutschen Soldaten entdeckt. Der Ertrunkene hatte offensichtlich eine Leipziger Vergangenheit. Stainer beginnt zu ermitteln und stößt dabei auf eine Fährte, die zu einer wohlhabenden Unternehmerfamilie führt.
Für Leipzig-Fans (Thomas Ziebula ist auch einer) bietet diese Reihe diverse „Schmankerl“ und man lernt so einiges über die Stadtgeschichte dazu. So werden hier auch soziale Aspekte ins Visier genommen, z. B. der Umstand, dass während des Krieges Frauen zu Straßenbahnfahrerinnen gemacht wurden (eine Anordnung, die 1920 wieder kassiert wurde). Stimmig ist auch das Figurentableau, das Ziebula entwirft: Die malende Nachtclubbesitzerin spielt eine ebenso wichtige Rolle wie Stainers jugendlicher Assistent sowie ein ehemaliger Ermittler, der sich infolge einer Kopfverletzung nun als Hausmeister verdingt (und nebenbei als Bildhauer agiert).
Kurz gesagt: Diese Reihe überzeugt und die Vorfreude auf den dritten Fall ist eminent.
Ziebula, Thomas: Der rote Judas (Rowohlt) 12€
Ziebula, Thomas: Abels Auferstehung (Wunderlich) 20€
HeymannBlog 