Ohrwürmer setzen sich im Gehörgang fest und wenn man Pech hat, dann verfolgen sie einen noch bis in den Schlaf. Ich darf mich glücklich schätzen, denn seit der Lektüre von Elton Johns Autobiografie „Ich“ gehen mir die Klänge von „Crocodile Rock“ nicht mehr aus dem Sinn – diesen Ohrwurm höre ich immer gern.
Was ist das für eine Lebensgeschichte, welche der bekannteste Brillenträger der Welt mit Unterstützung seines Ghostwriters Alexis Petridis da vorgelegt hat. Es ist viel mehr als die unwahrscheinliche Story über den kurzsichtigen, pummeligen Reginald Kenneth Dwight aus Pinner, welcher innerhalb weniger Jahre zum Weltstar aufstieg. So erhält man tiefe Einblicke in die englische Alltagswelt der 50er und 60er Jahre oder über die Musikbranche jener Zeit.
Die große Karriere des Elton John war von niemandem erwartet worden, auch von ihm selbst nicht. Viele Umstände kamen da zusammen, der glücklichste war die Begegnung mit Bernie Taupin. Dieser begnadete Wörterschmied steuerte brillante Texte zu den großen Songs und Alben der 70er und 80er Jahre bei.
Elton John ist nicht nur ein begnadeter Klaviervirtuose und Sänger, sondern auch ein herausragender Komponist. Diese Mehrfachbegabung sorgte für eine Weltkarriere, die allerdings auch ihre Schattenseiten hatte: Alkohol- und Drogenexzesse, ein instabiles Liebesleben und das anstrengende Leben im Blickfeld der Öffentlichkeit hinterließen ihre Spuren.
In Elton Johns Karriere gab es einige Flops und Missgriffe, doch auf der Bühne war auf den Exzentriker immer Verlass. Seine Autobiografie beweist eindrucksvoll, dass der Vielseitige im Grunde seines Herzens durch und durch Musiker ist. Aber er war oder ist noch viel mehr: Enger Freund von John Lennon und Lady Di, Präsident und Besitzer des FC Watfords, Ikone der LGBT+-Bewegung und und und.
„Ich“ ist eine ehrliche und mitreißende Rückschau auf ein aufregendes Leben. Und es geht ja glücklicherweise noch weiter: Der Meister zelebriert seine Abschiedstournee und kommt im Herbst auch nach Deutschland. Das sollte man sich nicht entgehen lassen…
Beim Schreiben dieser Zeilen hat sich übrigens ein neuer Ohrwurm bei mir eingenistet: „Rocket Man“ ist aber auch ein fabelhafter Song. Den werde ich wohl nicht so schnell wieder los (zum Glück).