Chris Lloyd

Freitag, 14. Juni 1940: Die Deutschen marschieren in Paris ein, die Zeit der Besetzung beginnt. Inspecteur Éduard Giral schlägt sich derweil mit vier Toten herum, die am Gare d’Austerlitz gefunden wurden. Haben die neuen Herren der Stadt auch etwas mit diesem Fall zu tun?

Inspecteur Giral ist ein komplizierter Charakter. Er leidet seit seinem Einsatz im Ersten Weltkrieg an Alpträumen, hat auch deshalb seine Familie verlassen und lebt eigenbrötlerisch vor sich hin. Doch unter seiner zynischen Fassade versteckt sich ein mitfühlendes Herz. Das zeigt sich, als Giral dem rätselhaften Suizid eines Polen, der sich mit seinem kleinen Sohn aus der eigenen Wohnung gestürzt hat, nachspürt. Auch die vier Toten vom Bahnhof waren Polen. Gibt es da einen Zusammenhang? Als auch noch völlig überraschend Girals Sohn, der sich dem Widerstand gegen die Deutschen anschließen will, auftaucht, wird die Lage immer unübersichtlicher und gefährlicher…

Chris Lloyd, der nach vielen Jahren in Spanien und Frankreich nun in Wales lebt, kennt sich aus in der Historie. Mit großer Erzählfreude beschreibt er eine kuriose Situation des Übergangs: Die Pariser verlassen entweder ihre Stadt oder versuchen sich mit den Deutschen zu arrangieren. Derweil richten sich Letztere in der Stadt ein und leisten sich dabei interne Grabenkämpfe. Das Gegeneinander zwischen Wehrmacht und Gestapo etwa wird auch Giral zu spüren bekommen.

Bis zur letzten Zeile fiebert man mit und und erfreut sich an herrischen Deutschen, undurchsichtigen Franzosen und wagemutigen amerikanischen Journalistinnen, die hier aufs erfreulichste mit- und gegeneinander agieren. Und kein Geringerer als Adolf Hitler persönlich hat auch noch seinen Auftritt.

Chris Lloyd scheint an einer Serie um Inspecteur Giral zu arbeiten. Auf weitere Fälle freue ich mich schon heute.

Lloyd, Chris: Die Toten vom Gare d’Austerlitz (Suhrkamp) 15,95€

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