75 Jahre Kriegsende

Acht Tage im Mai

Eigentlich sollte man sich in diesem Jahr an das nun 75 Jahre zurückliegende Kriegsende erinnern, doch ein anderes Thema überstrahlt derzeit alles. Dennoch lohnt sich ein Blick auf einige ältere und neuere Veröffentlichungen, die sich auf unterschiedliche Weise mit dem Zweiten Weltkrieg auseinandersetzen.

Volker Ullrich konzentriert sich in „Acht Tage im Mai“ auf die letzte Woche des Dritten Reiches und zeigt die Dramatik einer Übergangszeit, in welcher die neue Regierung Dönitz von Flensburg aus die Geschäfte führt. Die deutsche Niederlage ist absehbar, Chaos und Angst bestimmen den Alltag, die allgemeine Ungewissheit ist mit Händen zu greifen. Erich Kästner beschrieb diese „Lücke zwischen dem Nichtmehr und dem Nochnicht“ in seinem Tagebuch.

Das Echolot - Abgesang '45 - (4. Teil des Echolot-Projekts)

Auch Walter Kempowskis letzter Band seiner monumentalen Weltkriegscollage „Echolot“ nimmt die letzten Kriegstage ins Visier. Tagebucheinträge und Briefe von Opfern und Tätern lassen den Wahnsinn dieser Tage lebendig werden.

Hitlers Hofstaat

Heike B. Görtemaker porträtiert in ihrem Standardwerk „Hitlers Hofstaat„, das nun als dtv-Taschenbuch vorliegt, den inneren Kreis des Diktators. Dieser „Inner Circle“, bestehend aus frühen Weggefährten, Führungsfiguren, Funktionärsgattinnen und Adjutanten, umgab den sogenannten Führer nicht nur regelmäßig auf dem Berghof, sondern wirkte durchaus auf seine Politik ein. Görtemaker wirft ein erhellendes Licht auf eine lange unterschätzte Personengruppe des Dritten Reiches und erzählt dabei eine alternative Geschichte der nationalsozialistischen Politik.

Protest und Menschlichkeit

Wolfgang Benz zählt zu den wichtigsten Zeithistorikern mit dem Schwerpunkt Nationalsozialismus. In seinem neuen Buch „Protest und Menschlichkeit“ erzählt er die Geschichte der Widerstandsgruppe „Onkel Emil“, die mehreren jüdischen Verfolgten bei der rettenden Ausreise oder beim Gang in den Untergrund unterstützte. Wichtigstes Mitglied der Gruppe war Ruth Andreas-Friedrich, deren Tagebuchaufzeichnungen aus Krieg und Nachkrieg („Der Schattenmann“/ „Schauplatz Berlin“) immer noch lesenswert sind.

Monster

Über die Verfolgung und Vernichtung von Juden und Gegnern der NS-Politik sind viele verdienstvolle Studien und Romane erschienen. Stellvertretend sei auf Yishai SaridsMonster“ verwiesen. Darin sorgt ein Zwischenfall in einer NS-Gedenkstätte um einen israelischen Tourguide für Aufsehen – und lässt über die Frage nachdenken, inwiefern Erinnerungskultur vereinnahmt werden kann. Sarids kluger und eindringlicher Roman findet die passenden Worte für das kaum zu Beschreibende – ein wichtiges Buch!

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